Wohnungsmarkt: Wie lange stehen teure Neubauten in Leipzig noch leer?
Am Lindenauer Hafen und neben der Kirche in Sellerhausen findet ein Investor keine Käufer für seine Leipziger Neubau-Immobilien. Deshalb stehen die Häuser mit vor allem großen Wohnungen und Tiefgaragen seit etwa zwei Jahren leer. Jetzt kündigt der Eigentümer an, wie er das Problem bald lösen will.
Leipzig. Obwohl in Leipzig an vielen Stellen dringend Wohnraum gesucht wird, gibt es neue Häuser, die nicht genutzt werden. Auf einige krasse Beispiele wies die LVZ bereits vor einem Jahr hin – im Oktober 2022. Dazu gehörte das große Wohnensemble „Hafen Eins“ am Lindenauer Hafen: Dort ist bis heute trotzdem noch nie jemand eingezogen.
Die beiden Häuser mit 56 Wohnungen wurden gegen Ende 2021 fertiggestellt. Sie stehen nun also schon rund zwei Jahre leer. Besonders erstaunlich ist das, weil sich das Ensemble mit 5200 Quadratmeter Wohnfläche, gehobener Ausstattung und Tiefgarage unmittelbar am Wasser befindet. Gleich nebenan liegt der Karl-Heine-Kanal. Ebenfalls in der Nähe hat die Stadt im März 2023 einen größeren „Naturspielbereich“ für Kinder eröffnet.
Tor zur Hafencity von Gitterzäunen umstellt
Inzwischen hat der Investor, Bauprojektentwickler Thamm & Partner, mehrere Auszeichnungen für die gelungene Gestaltung erhalten, die vom Leipziger Büro W & V Architekten stammt – wie den Architekturpreis der Stadt Leipzig und den Architekturpreis vom Bund Deutscher Architekten (BDA) in Sachsen.
Doch bisher kommt keine rechte Freude über den Anblick der rostbraunen Fassaden und weißen Balkon-Vorhänge am südlichen Eingang von Leipzigs neuem Hafenviertel auf. Denn das vielfach ausgezeichnete Ensemble aus einem L-förmigen Baukörper und einem Atelierhaus mit 3,80 Meter hohen Lofts ist von Gitterzäunen umstellt.
Thamm & Partner bietet Häuser zum Kauf an
Auch die Einfahrt zur Tiefgarage wird abgesperrt und mit Kameras überwacht. Ein Hausmeister kümmert sich um die Pflanzen im Hof. Sonst passiert auf dem 3500 Quadratmeter großen Grundstück nichts bis nicht viel.
Im Herbst 2022 zeigte sich Projektleiter Hartmut Moschner noch optimistisch, dass Investor Thamm & Partner die beiden Häuser am Lindenauer Hafen bald verkaufen kann. Das private Unternehmen aus Berlin plane und errichte in verschiedenen Städten Wohngebäude, behalte sie nach der Fertigstellung aber meist nicht im eigenen Bestand, erläuterte er damals.
Bei Neubauten sei es üblich, dass „der künftige Eigentümer die Vermietung selbst übernimmt“. Der lange Leerstand habe sich auch aus einer Mängelliste ergeben, die erst von den verantwortlichen Baufirmen abgearbeitet werden musste. „Das dauerte – auch wegen Materialengpässen – bis Mitte 2022.“
Im Anschluss sollten Verkaufsverhandlungen stattfinden. Allerdings erwiesen die sich wegen der inzwischen stark gestiegenen Kreditzinsen und anderer Marktveränderungen als extrem schwierig.
Kaltmiete für Neubauten bei 10 bis 14 Euro
Immer wieder hätten neue Interessenten für das „Hafen Eins“ vorgesprochen. Letztlich seien aber alle an der Finanzierung der Banken gescheitert, erklärt Moschner jetzt auf eine neuerliche LVZ-Anfrage. „Wir müssen aber auf unsere Kosten kommen, können den Preis nicht beliebig senken.“
Weil nicht absehbar ist, wie lange die aktuelle Krise in der Immobilienbranche noch dauert, habe sich Thamm & Partner nun für einen anderen Weg entschieden. „Wir wollen die Wohnungen am Lindenauer Hafen vorerst behalten und zeitnah zur Miete anbieten, auf jeden Fall noch in diesem Jahr“, sagt Moschner.
Gegenwärtig werde der Leipziger Markt sondiert, um eine angemessene Miethöhe zu ermitteln. Diese solle sich etwa in der Mitte des örtlich Üblichen für moderne Neubauten bewegen. In der Parkstadt Dösen werden da zum Beispiel meist zehn bis zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangt, bei den Neubauten auf dem Gelände der früheren Propsteikirche am Rosental sind es sogar um die 14 Euro.
Dass solche Mieten für Familien mit Kindern oft unerschwinglich sind, hat der Investor aber auch erst jüngst in Sellerhausen festgestellt. In der Wurzner Straße 156a hatten Thamm & Partner bereits 2019 einen Altbau saniert und ihn damit vor dem Einsturz bewahrt. Erst vor einem Jahr begann die Vermietung der fünf Wohnungen. Sie dauerte relativ lange, weil es um größere Flächen für kinderreiche Familien ging, so der Projektleiter. „Inzwischen sind aber alle fünf Einheiten weg, also vergeben.“
Probleme bei Häusern neben Emmauskirche
Gleich daneben und damit genau gegenüber der Emmauskirche steht freilich noch ein Neubau von Thamm & Partner – und zwar ebenfalls seit rund zwei Jahren leer. In der Cunnersdorfer Straße 2/2a, so lautet seine Adresse, warten 26 Wohnungen mit insgesamt 2600 Quadratmeter Wohnfläche auf ihre Verwendung.
In dem Haus gab es nach der Fertigstellung einen großen Wasserschaden, der erst nach drei Wochen entdeckt wurde, so Moschner. Dieser Schaden sei aber längst behoben. Den ursprünglichen Plan, Alt- und Neubau gemeinsam zu verkaufen, habe man trotzdem mittlerweile verworfen. Stattdessen solle der Neubau demnächst ebenfalls in die Vermietung gehen. „Aber erst nach dem Projekt am Hafen“, sagt der Projektleiter.